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Überstunden - Arbeitsgericht Emden wird aufgehoben

Christiane Ordemann • 22. November 2021

Das Landesarbeitsgericht Niedersachen lässt die Revision zu.

LAG Niedersachsen v. 6.5.2021 - 5 Sa 1292/20

Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen hat ein zu weitgehendes Urteil des Arbeitsgerichts Emden zur Darlegungs- und Beweislast im Überstunden-Prozess aufgehoben und die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen. Das Arbeitsgericht Emden war im Hinblick auf das Urteil des EuGH vom 14.5.2019 - C-55/18 - davon ausgegangen, dass in europarechtskonformer Auslegung des § 618 BGB der Arbeitgeber zur Erfassung und Kontrolle der Arbeitszeiten verpflichtet sei. Komme er dieser Verpflichtung nicht nach, reichten die vom Kläger, einem Auslieferungsfahrer, vorgelegten technischen Aufzeichnungen als Indiz für die geleistete Arbeitszeit aus. Der Arbeitgeber habe diese Indizien nicht durch z.B. Darlegung von Pausenzeiten entkräften können. Dies reichte für das Arbeitsgericht Emden aus, dem Arbeitnehmer den Anspruch auf Überstundenvergütung zuzusprechen.

Diese Auffassung teilte das Landesarbeitsgericht nicht. Das o.g. Urteil des EuGH habe keine Aussagekraft für die Darlegungs- und Beweislast im Überstundenprozess im Hinblick auf die Frage der Anordnung, Duldung oder Betriebsnotwendigkeit von Überstunden. Über Fragen der Vergütung könne der EuGH nicht entscheiden, da er dafür gemäß Art. 153 AEUV nicht kompetent sei.

Es bleibt also dabei, dass Arbeitnehmer, die Überstundenvergütung gegen ihren Arbeitgeber geltend machen wollen, detailliert darlegen und unter Beweis stellen müssen, wann die tägliche Arbeitszeit und die Pausen begonnen und geendet haben und wann genau Mehrarbeit geleistet wurde. Darüber hinaus ist stets die Anordnung, Duldung oder Betriebsnotwendigkeit der Überstunden darzulegen und zu beweisen.


Bremen im November 2021
Christiane Ordemann
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